Die letzte Klassenfahrt kurz vor dem Abitur führte 1971 nach London. Neben den üblichen lokalen Sehenswürdigkeiten fanden wir ganz schnell heraus, dass es in der Nähe des Oxfort Circus eine Kneipe gab, in der das Bier kalt war und sogar ein Bisschen Schaum drauf hatte. Das absolute Highlight dieser Reise war für mich allerdings der Erwerb zweier Langspielplatten, beide erst wenige Wochen alt. Die erste war „Sticky fingers“, bis heute neben „Beggars banquet“ die beste Platte der Rolling Stones. Das lohnte sich besonders insofern, als dass ich ein Exemplar mit dem echten Reißverschluss ergatterte.

Die zweite Platte hieß „Live Johnny Winter and“. Der aus Mississippi stammende Bluesgitarrist machte mit wehenden weißen Haaren und drei Mitspielern auf der Bühne einen derartigen Lärm wie man es bis dahin selten gehört hatte. Ich war total verrückt nach der Version von Jumping Jack Flash, zu der Zeit auch noch ein neues Stück.

Mit seiner Liebe für den weißen Blues verweigerte er sich noch konsequenter als Eric Clapton all denen, die sich einen zweiten Jimi Hendrix wünschten. Schon bevor er Weltruhm erlangte, wobei wie bei vielen Musikern sein Auftritt bei Woodstock hilfreich war, hatte er mit zahlreichen schwarzen Musikern zusammen gearbeitet. 1977 produzierte  er für Muddy Waters ein sehr gut beurteiltes Album.

Nun ist er im Alter von 70 Jahren gestorben. Wenn man gesehen hat, wie ausgezehrt aufgrund seines Drogenmissbrauchs er schon in den Siebzigern aussah, wundert man sich, dass er überhaupt so alt geworden ist. Vielleicht hat Keith Richards ihn beraten. Und zum Schluss wie immer ein Anspieltipp: „Stranger“ vom 1974er Album „John Dawson Winter III“. Das klingt dann sogar etwas wie Hendrix.