Die Neuwortschöpfung „entschleunigen“ fand ich immer ganz fürchterlich – bis ich auf einem Hausboot in netter Gesellschaft durch das Burgund tuckerte. Für diese Art des Reisens gibt es einfach keine bessere Beschreibung. Links und rechts der Saône gleitet die Landschaft dahin und mit ihr die Charolais-Rinder, aus deren  saftiger Keule man des Abends ein Stück zu genießen gedenkt. Doch darüber wollte ich eigentlich gar nicht schreiben, denn es steht uns weit schlimmeres bevor als Verknappung von Burgunderwein oder Gänsestopfleber: Die Welt bleibt stehen! Jawoll!

In einer schlauen Zeitung las ich es: „Die Rotation der Erde verlangsamt sich stetig.“ Stetig! Und zwar sind es genau drei Millisekunden, die jeder Tag länger wird (pro Jahrhundert). Es lässt sich also ganz leicht ausrechnen, wann unser Planet stehen bleibt. Einfach so. Auf der einen Seite ist dann also immer Tag, auf der anderen immer duster. Dieses wirft eine Menge ungeklärter Fragen auf. Was ist zum Beispiel mit dem Mond? Saust der treue Trabant weiter um den Erdball, sodass wir auf der Nachtseite wenigstens etwas Beleuchtung haben? Es sei denn, es ist Neumond, Mondfinsternis oder schlechtes Wetter …

Die Menschheit wird noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben. Von den nordischen Völkern weiß man ja, dass ihnen diese ewig langen Nächte im Winter ganz schön auf den Keks gehen. Vor lauter Langeweile haben sie so Spielereien wie Nordlicht erfunden. Ich setze darauf, dass, bis es so weit ist, nicht nur die Chinesen den Transrapid haben und große Teile der Menschheit im Zwölf-Stunden-Rhythmus  zwischen den Tag- und Nachtzonen hin und her geschippert werden; am besten zusammen mit ein paar Charolais-Rindern und Burgunder-Flaschen. Warum nicht? Wir haben dann alle Zeit der Welt!                                                                   Frank Hänschen