Leichtfertig hatte ich Schwester und Schwager versprochen, sie zur Hochzeit ihrer ältesten Enkelin in ein Kaff bei Cuxhaven zu fahren. Freitags nach Norden, das ist haarig. Wir kamen zwar relativ früh in Wuppertal los, zuerst lief es auch gut, dann aber der übliche Unfall samt entsprechendem Stau bei Bremen. Ewigkeiten lang Schritt fahren. Die Passagiere fühlen sich trotz bestens arbeitender Klimaanlage („Meine Eier werden kalt!“) sachte gesotten. Dann endlich an Bremen vorbei, endlich auf der A27 und endlich die richtige Ausfahrt. Noch ein halbes Stündchen übers Land und wir sind nach fast sechs Stunden Fahrt in dem Dorf, in dem die Übernachtungszimmer gebucht sind. Der Gasthof macht einen properen, aber verlassenen Eindruck. Aber wenigstens die Chefin ist da.

„Guten Tag, wir sind die Mustermanns aus Wuppertal,“ sagt mein Schwager, nachdem er sich halbwegs entfaltet hatte. „Jo“ sagt die Chefin und guckt uns an wie Aliens. Uns durchzuckt der Gedanke: Verdammt, die Reservierung ist vergessen worden! Keine Zimmer! Aber man hatte ja telefoniert. Mein Schwager erinnert daran und an die darin besprochene Reservierung, was der Dame des Hauses ein weiteres „Jo“ entlockt, und immerhin den ersten zusammenhängenden Satz: „Das sind dann die Zimmer 1 und 2.“ Man bekommt die Schlüssel und darf sich zwei wirklich hübsche Zimmer angucken, mit Terrasse im Grünen. Ich mache mich kurz frisch und trete die Heimreise an, die ich dank schlauerer Umfahrung Bremens mehr als zwei Stunden schneller erledige.

Als Schwester und Schwager nach der (sehr schönen) Hochzeit dank anderer Mitfahrgelegenheit wieder in Wuppertal waren, habe ich mich erkundigt, ob sich denn irgendwann die überschäumende Willkommensfreude der Gasthauschefin gelegt hätte. Das Grinsen meiner Schwester ist durch Telefon zu sehen, aber sie sagt dann auch, immerhin hätten die Zimmer nur 40 Euro gekostet – inklusive Frühstück! Und das sei mehr als reichhaltig gewesen. OK, da war Freundlichkeit wirklich nicht mehr mit drin im Preis. Und so sind sie eben, hoch im Norden.