Hätten die Zeitungen nicht über ein neues Erdbeben-Warnsystem berichtet, hätte ich das Datum nicht mehr so genau parat gehabt: Am 13. April 1992 bebte bei uns die Erde, und zwar nachts um 3.20 Uhr. Ich wohnte damals in Düsseldorf, und nun weiß ich sogar wieder die genaue Uhrzeit, als mich damals meine Freundin Gaby anstupste und folglich wach machte. Nun reagiere ich bei nächtlichen Störungen wie ein Bär im Winterschlaf: sehr wenig wirsch, also eher unwirsch. „Was ist denn?“ „Das Erbeben!“ meinte Gaby, „hast du das nicht gemerkt?“ Nein, ich hatte nichts gemerkt und sagte folglich nur: „Quatsch, schlaf weiter!“ Was Gaby als folgsame Freundin auch prompt tat.

Ich aber war wach. Erbeben? Als ich hörte, wie im Kleiderschrank die leeren Bügel regelmäßig aneinanderschlugen, wusste ich: Da war was gewesen. Leise stand ich auf und schaute aus dem Fenster – und das Gleiche passierte in der ganzen Straße. Überall ploppten mitten in der Nacht die Lichter auf. Ich wartete noch fünf Minuten und legte mich dann wieder schlafen.

Am nächsten Morgen standen wir zeitgleich auf und ich schaltete als erstes das Radio ein. Auf ihren verwunderten Blick hin meinte ich nur: „Na, das Erdbeben.“ Sie hatte es fast vergessen. Es war die stärkste Erschütterung im Rheinland seit 1756.

Stop – die Geschichte ist noch nicht zu Ende! Einen guten Monat später traten wir nämlich unsere große USA-Weststaaten-Rundreise an. Es war der zweite Tag, unser Wohnmobil stand auf einem Campground am Stadtrand von Los Angeles, und Michaela und Armin, die uns vom Flieger abgeholt hatten und die erste Zeit sich um uns kümmerten, hatten sich gerade verabschiedet. Gaby werkelte in der Küche, ich hatte es mir auf dem Fahrersitz bequem gemacht und studierte noch einmal Unterlagen  über das Wohnmobil, das die nächsten sechs Wochen unser Heim sein sollte. Da fing die ganze Karre auf einmal an zu wackeln. Ich guckte in sämtliche Rückspiegel, ob unsere Freunde heimlich zurückgekehrt waren, um uns ein bisschen zu erschrecken – niemand zu sehen. Das Auto wackelte weiter. Zum Glück hatte ich aber das Radio an und einen lokalen Sender eingestellt, und da sagte der Sprecher auf einmal: „Oh, we’re having an earthquake!“ Er klang dabei eher begeistert als erschrocken, aber in dieser Gegend sind Beben auch nichts besonderes.  Mein Bedarf an Erdbeben war jedoch erstmal gestillt. Ich habe auch kein nennenswertes mehr erlebt, und das kann gerne so bleiben.