Meine Güte, was für Einschläge! Erst Udo Jürgens, dann heute Joe Cocker. Man bekommt beide natürlich nicht unter einen Hut, aber beide gehörten zu den ganz Großen.

Sicherlich hat Udo Jürgens auch Schlager gemacht, aber den mit Haltung. Und Aussage. Und er war DER deutsche Chansonnier. Wer es nicht glaubt, höre nur einmal „Lieb Vaterland“. Aufgrund seiner bald schon sprichwörtlichen Vitalität ging man davon aus, dass er mindestens so alt wie Jopi Heesters werden müsste. Sein nächstes Konzert im Februar 2015 ist längst ausverkauft. Der Veranstalter sollte sich was einfallen lassen.

Joe Cocker. Geboren in Sheffield, dem britischen Bochum. Drei Mal hatte ich die Freude, ihn live zu erleben. Schon viel zu früh galt er als lebendes Fossil – zu viel für ein Menschenleben hatte er in zu kurzer Zeit absolviert. Ein erstes Karrierehoch 1969, ein legendärer Woodstock-Auftritt, danach eine US-Tournee, an der viele viel Geld verdiente, nur er nicht. Danach fast zwangsläufig die Drogenhölle. Dann hat er ab den Achtzigern dank seiner Frau Pam wieder Boden unter die Füße bekommen. Auch in Form einer Farm in Colorado, wo er zuletzt von seinen Erfolgen bei der Tomatenzucht schwärmte.

Einer Band war er bei der Auswahl seiner Songs besonders zugetan – und sie ihm: die Beatles. Schon vor seiner völlig eigenständigen Version von With a little help from my friends hatte er I’ll cry instead gecovert. Solange die Beatles Alben herausbrachten, durfte Cocker sich schon vor der Veröffentlichung einen Song aussuchen (She came in through the bathroom window, Something). Und fast immer enthielten seine Longplayer einen Titel der Beatles oder aus dem Solo-Schaffen der Vier. Ganz groß: Johns „Isolation“.

Ich hoffe, bei meinem Lieblingssender hören sie heute Nacht noch auf, zu behaupten, Cocker hätte nie Songs geschrieben, das stimmt absolut nicht. Doch seine Hits waren meist gecovert, aber ob von Bob Marley, Ray Charles oder Billy Preston (You are so beautiful) – sie trugen seinen eigenen, einmaligen Stempel.

Keith Richards sei Dank gibt es immer noch lebende Fossilien, aber sie werden eine zunehmend rare Spezies. Joe Cockers herausragende Stimme wird aber noch lange zu vernehmen sein. Er wurde 70. Nur. Immerhin.