Der zweite Weltkrieg ist seit 67 Jahren beendet, die Europäische Union bekommt den Friedens-Nobelpreis aufgrund ihrer permanenten Friedfertigkeit (den Balkan scheint man da irgendwie übersehen zu haben), Burschenschaften sind out. So vertrete ich schon seit Jahren die Meinung, dass die Möglichkeiten eines deutschen Mannes, sich zünftige Narben zuzulegen, sehr gering sind. Es sei denn, man muss sich unbedingt zur Bundeswehr melden und die deutsche Freiheit am Hindukusch verteidigen. Das Verletzungsrisiko hat sich mehr in die Luxus-Liga verlagert. Nein, ich rede auch nicht von Piercings, Tattoos oder Borderline. Man muss sich auch nicht gleich mit einem Champagnerkorken das Auge ausschießen – wobei im Internet die Geschwindigkeit eines herausschießenden Champagnerkorkens zwischen 40 und 200 km/h variiert. 40 kommt mir etwas bedächtig vor.

Ich habe mir die einzige Wunde, die je genäht werden musste, mit einem spitzen Küchenmesser am linken Daumen zugefügt, und zwar beim Austernöffnen. Ja ja, ich weiß, Dummheit muss bestraft werden. Aber ich war jung und hatte kein Austernmesser. Heute habe ich zwei und schütze die linke, austernhaltende Hand mit einem Küchenhandtuch. Zu so einem Kettenhandschuh, der dem Träger immer so etwas götzvonberlichingenmäßiges verleiht, hat es leider noch nicht gereicht.

Warum ich das alles erzähle? Gestern habe ich mir bei einer unbedachten Bewegung am Glasschrank im Bad einen gut fünf Zentimeter langen Ratsch geholt. Die Wunde am Unterarm macht echt was her. Ich sollte im T-Shirt in Bars gehen und mich demonstrativ aufstützen – die Herzen fürsorglicher Frauen würden mir nur so zufliegen. Aber lachen musste ich wirklich, als ich – eigentlich grollend – heute nochmal die schändliche Ecke des Badezimmerschrankes in Augenschein nahm. Da hatte sich ein ganzes Büschel Bärenfell angesammelt. Sah aus wie ein winziger Gamsbart. Zehnmal mehr von diesen Unterarmhaaren und man könnte einen ganz kleinen Rasierpinsel draus machen. Mal sehen, vielleicht wird es ein neues Geschäftsmodell.