Nein, es geht hier nicht um den Heiligen Vater. Der Eilige war ja auch der aus Polen. Es geht schon etwas mehr um diese dreisten Omas, die sich beim Fleischer vordrängeln, ohne sich auch nur umzugucken. Die bei der Frage „Wer ist der nächste?“ ungeniert „Ich!“ schreien, obwohl eindeutig drei vor ihnen sind. Dennoch tun sie so, als ob sie es unglaublich eilig hätten. Dabei haben sie alle Zeit der Welt. Wenn sie wenigstens einen Stock dabei hätten, um so oder anders zu signalisieren, dass sie schlecht gehen oder eben stehen können, würde man sie ja freiwillig vorlassen. Aber nein – präsenile Chuzpe ersetzt das alles. Ich habe längst gelernt, laut und deutlich zu artikulieren, dass die betreffende „Dame“ noch nicht dran ist.

Eigentlich sollte es in allen Läden eine Ü65-Zeitzone geben: Die dürfen dann nur noch von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr rein, richtig mit Ausweisvorzeigen wie für die Jüngeren beim Schnapskaufen.

Heute hatte ich es dann mal mit einem eiligen Opa zu tun. Beim Lidl an der Kasse in aussichtsreicher Position stehend, hörte ich ihn sich von hinten heranarbeiten. „Ich hab nur ein Teil vergessen, ich will mich nicht vordrängeln!“ … und -schwupp- hatte er die ersten drei überholt. Nachdem er beim Vorbeidrängeln am Nächsten den Sermon nochmal abgegeben hatte, hatte ich ihn schon auf der Merkliste. Dann, die Lidl-Schatzmeisterin kassierte gerade die Frau vor mir ab, stand er schon an der Kasse, bot eine Packung Zigaretten und einen Schein dar, und sagte es wieder, mit der Unschuld eines Neugeborenen, das schon Sprechen gelernt hat: „Ich hab nur ein Teil, ich will micht nicht vordrängeln!“ Ich bedachte ihn mit einem langen Blick und sagte dann mit durchaus echt wirkender Verwunderung: „Und warum tun Sie es dann?“ Da war der Opa auf einmal nicht mehr eilig, sondern ratlos. Ihm fiel nichts mehr ein.

Ich habe ihn dann trotzdem vorgelassen. Man soll ja immer Mensch bleiben.