Wie nennt man eigentlich das Jahrzehnt von 2000 bis 2009? Gegen die „Nuller Jahre“ hat sich bei mir immer irgendwas gesträubt, aber jetzt redet auch niemand von den „Zehner Jahren“. Wird das erst Usus mit den Zwanzigern mit ihrer vagen Erinnerung an die so verrückten und goldenen Zwanziger – Berlin, Paris, New York?

Jedenfalls war es irgendwann in den Nuller Jahren (brrrr!), als mein wunderbarer Freund, Hausarzt und Künstler Wolf Tekook (Echtname!) in seiner Praxis eine seiner damals sehr beliebten Vernissagen veranstaltete. Er hatte mich aus irgendeinem Grund gebten, die bei solch einem Anlass immer gebotenen wichtigen Worte zu sprechen. (Der Anlass kann sein, dass es die erste Ausstellung meiner wirklich gut malenden Schwester Heidi war.) Obwohl ich mich weigere, bei solchen Gelegenheiten über Kunst zu reden, bin ich mittlerweile ein erfahrener Vernissagen-Sprecher. Nachdem ich das damals mit einer Mischung aus genialen Bonmots und gesunder Witzischkeit erledigt hatte, wurde der Wein ausgeschenkt und alles stürzte sich auf Canapees und Maiskölbchen. Normal – die Bilder hatten wir ja schon vorher angeguckt.  Es dauerte nicht lange und eine ältere Dame kam auf mich zu. Genauer gesagt: So fortgeschrittenen Alters, dass selbst die Verkäuferinnen auf dem Wochenmarkt nicht mehr „junge Frau“ zu ihr gesagt hätten. Sie baute sich selbstbewusst vor mir auf, und es war eigentlich keine Frage: „SIE sind der Bruder von Dr. Tekook?!“ (Info: Wolf und ich verfügen tatsächlich über eine gewisse Ähnlichkeit, Bart, und einen Bruder hat er auch.) Wahrheitsgemäß antwortete ich: „Nein.“ Das widerum genügte der Dame nicht, und sie hakte nach: „Warum nicht?“ Normalerweise hätte mich solch eine Frage rat- oder fassungslos gemacht, doch in diesem Augenblick wurde mir blitzschnell klar, dass eine sinnlose Frage eine ebensolche Antwort verdient hat, und ich sagte: „Eine Laune der Natur!“ Da geschah das Überraschende: Sie war mit dieser Antwort offenbar völlig zufrieden und widmete sich wie alle anderen Schnittchen und Rotwein. Ich liebe Vernissagen.