Das „Wort des Jahres“ ist für Sprachartisten immer eine feine Sache. Dieses Jahr nicht. „Wutbürger“. Man kann sich bestenfalls drüber aufregen. Die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ kürt seit 1971 ein Wort des Jahres. OK, sie hat es sich selbst nicht vorgegeben, dass das Wort schon besonders tiefe Spuren im täglichen Sprachgebrauch hinterlassen hat. Es soll auch ein Jahresrückblick sein, und so wäre „Stuttgart 21“, das es auf Platz 2 geschafft hat, auch in Ordnung gewesen.

Mit „Wutbürger“ wird ein einzelner Spiegel-Redakteur bepreist, der dazu im Oktober einen viel diskutierten, aber letztlich ziemlich substanzlosen Artikel geschrieben hatte. Das Wort tauchte aber schon 2009 in der Presse auf. Im öffentlichen Sprachgebrauch jedoch bis heute nicht.

Und das Wort ist nicht schön. OK, das ist auch nicht Bedingung, „Hartz IV“ (2004) war auch kein schönes Wort, und so schöne deutsche Wörter wie „Frühlingserwachen“, „Wiesenschaumkraut“ oder „Auslegeware“ bieten sich halt nicht jedes Jahr an. Die, die damit gemeint sind, finden es überhaupt nicht schön, auch so gesehen wäre Stuttgart 21 die bessere Lösung gewesen.

Aber man kann noch was draus machen. Spricht man es eher „Börger“ aus, dann ist damit der labbrige, überlagerte Hamburger gemeint, den man in einer Hackbratlingskette angedreht bekommen hat und den man vor Wut an die Wand klatscht. Wutburger.

Und dann gibt es an der Uni Frankfurt noch eine Jury, die seit 1991 das Unwort des Jahres verkündet. Macht „Wutbürger“ auch zum Unwort des Jahres – dann wäre dieser zeitgeistige Unfug der Gesellschaft für deutsche Sprache wenigstens neutralisiert.